re:publica 17 - erster Rückblick

re:publica 17 - erster Rückblick

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Die re:publica 17 wird gerade abgebaut, ich bin auf dem Weg zurück nach Heidelberg. Die drei Konferenztage waren wieder unglaublich intensiv. Informationen, Menschen, Begegnungen, Emotionen – Alles ist so verdichtet, dass ich noch immer am Verarbeiten bin.

Ganz subjektiv war die #rp17 deutlich entspannter als die letztjährige #rpTEN (auf die ich recht kritisch zurückgeblickt habe). Auch wenn ich dieses Jahr einen gewissen Raclettestand schmerzlich vermisst habe…

Aber was machte den Unterschied? Im letzten Jahr war mir die Vernetzung von werblichen Inhalten und Konferenzinhalten etwas zu offensiv gestaltet. Das Gefühl hatte ich dieses Jahr nicht. Allerdings dominierten die Bundesministerien, die doch recht deutlich machten, dass sie zum Ende der aktuellen Legislaturperiode nochmal zeigen zu müssten, was sie alles geleistet haben. Das ist nichts Verwerfliches, in diesem Umfang verursachte es dennoch ein merkwürdiges Gefühl. Auch gaben die „leibhaftigen“ Bundesminister nicht gerade ein Gefühl von Augenhöhe, das diese Veranstaltung auch so wertvoll macht.

Die #rpTEN stand außerdem zu ihrem Geburtstag vor dem Spiegel. Sie und die sogenannte Netzgemeinde hat sich selbst betrachtet und war sich nicht sicher, ob sie sich unglaublich jung fühlt oder vielleicht doch die ersten grauen Haare akzeptieren sollte. Bei der #rp17 schien die Antwort darauf gefunden worden zu sein: Aus der diffusen Empörung des letzten Jahres wurde ein "Mir doch egal".

Allerdings haben sich die Voraussetzungen seither stark verändert. Es war anders im letzten Jahr die Snowden-Enthüllungen Wellen schlugen, wir kollektiv riefen, dass es so nicht weitergehen kann, scheinen wir uns mit den Umständen irgendwie abgefunden zu haben. Sie sind zwar schlecht, aber gegen das, was sich derzeit offensiv als Alternative anbietet, ist es immernoch gut. Die Dystope, was kommen könnte hat uns gefühlt in den Fatalismus statt uns zu Utopien anzutreiben.

#LoveOutLoud - Motto der re:publica 17

Posted by DHPRENEUR on Donnerstag, 11. Mai 2017

Das Motto #LoveOutLoud ist ein hübsches. Ein positives. Aber irgendwie wirkte es auch wie eine Phrase. Wie verzweifelter Versuch an etwas festhalten zu müssen, während um uns herum Hass und Angst den (medialen) Alltag dominieren. Ist es uns gelungen von der re:publica Liebe in die Welt zu schicken? Sicher zum Teil, aber an den Nebentischen in den Restaurants der Gegend hörte ich nicht Gespräche über Liebe, sondern über Strategien unsere freiheitliche Demokratie zu verteidigen.

Natürlich freue ich mich über jeden einzelnen Menschen, der die Demokratie verteidigen will. Gleichzeitig finde ich es erschreckend, dass sie scheinbar in eine Defensivposition geraten ist, dass das überhaupt Thema wurde. Und das von verschiedensten Seiten – wie auch wieder auf der re:publica deutlich wurde. So gab es rund um die Talk zu Nordkorea die Ansicht, dass wir nicht in der Position wären das dortige Regime zu dämonisieren. Und bei aller Bereitschaft andere Perspektiven sehen zu wollen: In unserem demokratischen Rechtsstaat gibt es natürlich Fehler. Aber der Fehler ist weder das Konzept „Demokratie“, noch das Konzept „Rechtsstaat“. An unseren Fehlern kann und muss man arbeiten, aber wir brauchen dafür sicher kein diktatorisches und menschenverachtendes Regime als Vorbild und einen Umsturz schon zwei Mal nicht. Und so tat der kleine Tumult im Publikum, dass diese Thesen nicht im Raum stehen lassen wollte. Sehr beruhigend.

Und damit kommen wir zu Problemen, die wir tatsächlich haben, nämlich dass es aus unterschiedlichsten und teils einfach nicht nachvollziehbaren Gründen, immer Vorfälle gibt, die unseren Rechtsstaat unterlaufen.

Die Autorin @ChristianeMudra ließ uns an ihren Rechercheergebnissen rund um den NSU-Untersuchungsausschuss teilhaben. Sie verarbeitete ihre Erkenntnisse künstlerisch im Theaterstück „Off the Record – Die Mauer des Schweigens“, dass auf der re:publica als Hörspiel vorgestellt wurde. Das wirklich tolle aber war, dass im Anschluss keine Veranstaltung mehr im Kühlhaus war und wir im kleinen Kreis tatsächlich noch eine Stunde zum Thema diskutieren konnten.

Aber kommen wir zu den schöneren Seiten. Was die re:publica immer hat, sind sehr verbindende Momente. Einer davon ist für mich ironischerweise die Karaoke-Veranstaltung „Internet of Sings“. Karaoke ist wirklich nicht meine Welt. Ich bin in vielen Punkten auch ein schrecklicher Perfektionist, dass mir jede Dissonanz sofort weh tut. Hier ist es anders. Die Grundstimmung, die das IoS-Team verbreitet ist eines von – sei wer du bist, wer du sein willst – völlig egal. Sei einfach du, hab Spaß. Niemand wird peinlich berührt sein, niemand wird dich ablehnen. Ein so ausgeprägtes Gefühl von kollektiver Akzeptanz, komme was auch wolle, kenne ich sonst kaum.

Diese Gleichheit und Generalakzeptanz warauf der #LovOutLoud-Veranstaltung aber einer der seltenen Momente. Es war eine re:publica der Sie-Ansprache. Die Business-Vertreter und Bundesministerien drückten dem ganzen, vermutlich unfreiwillig, ihren Stempel auf. Einfach weil sie sind, wie sie sind. Und auch wenn ich von den "klassischen Medien" komme, muss ich leider sagen, dass die Media Convention diesen Effekt leider auch nicht abschwächt. Vor diesen Kulturunterschieden wirkte das Motto ein bisschen wie Folklore - Auch wenn ich mich sehr über den Anspruch freue und mir sicher bin, dass es erst gemeint war. Er ist eine sehr gute Antwort auf das, was uns derzeit umtreibt.

Natürlich schreibe ich hier gerade über Emotionen und subjektive Eindrücke und alle haben das gute Recht, dem zu widersprechen. Und mir ist klar – es gibt kaum zwei Personen, die die gleiche re:publica erleben. Bei der Menge an komprimierten Eindrücken, kann schon beim einfachen Anstellen für einen Kaffee alles auf den Kopf gestellt werden. Hätte ich z.B. die Aktion des Peng!-Kollektivs live miterlebt, wäre mein Eindruck sicher nochmal anders. Vielleicht ist es also nur ein Zufall, vielleicht war es aber auch einfach die Veranstaltung die mich in diesem Jahr nicht so stark berühren konnte, wie im letzten.

Trotzdem muss ich deutlich sagen: Es war trotzdem grandios. Liebes Team, ihr habt wieder etwas Beeindruckendes auf die Beine gestellt, es versucht tausenden von Menschen recht zu machen und das ganze Spiel auch noch finanzieren müssen. Mein persönliches nicht-so-sehr-berührt sein soll nicht mehr, als ein kleiner Hinweis sein. Keine große Kritik. Was mir aber wirklich fehlte war ein Stand mit leckerem Raclette-Käse…

So weit der erste kleine Rückblick, der noch ziemlich viel mit Bauchgefühl zu tun hat. Zur "richtigen" inhaltlichen Nachlese, werde ich hoffenlich in den nächsten Tagen kommen.

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